Was Teilnehmer und ich bei unseren Google-Analytics-Workshops gelernt haben

10. August 2016 | Von in Google Analytics

Ein Google-Analytics-Workshop oder -Seminar ist ein spannendes Terrain. Denn wann hat man schon die Möglichkeit, sich mit wahnsinnig an der Webanalyse interessierten Menschen so lange am Stück auseinanderzusetzen.

Ich bin der Meinung, dass bei einem Workshop immer beide Seiten profitieren. Auf der einen Seite die Menschen, denen wir (hoffentlich) etwas beibringen können; auf der anderen wir selber, weil man sich mit vielen Gegenfragen der Teilnehmer bei so einem Workshop stetig weiter entwickeln kann. Und so ist es eben auch – oder ganz besonders – bei dem Thema Webanalyse, das in vielen, vielen Unternehmen noch immer in den Kinderschuhen steckt. Und wo man von den Möglichkeiten noch immer nicht Gebrauch macht, um das eigene Online Marketing zu verbessern.

Einiges, was ich und die Zuhörer neben den vielen konkreten Themen, die das Tool Google Analytics betreffen, immer wieder lernen, möchte ich hier mal zeigen, damit ihr auch wisst, dass es nicht nur euch so geht.

Strategie vor Taktik

Ohne Ziele keine Analyse! Oder auch: Ohne Strategie keine Taktik.

Was bedeutet das? Nun, die meisten Menschen erwarten von mir in den Workshops, dass ich ihnen zeige, wie das Tool Google Analytics zu bedienen ist und wo sie ihren “Erfolg” ablesen können. Doch was die meisten (eigentlich erschreckenderweise fast alle) außer Acht lassen, ist die Tatsache, dass eine Zahl in Google Analytics nur so gut ist, wie der Referenzwert, den man gerne hätte. Also: Wer sich mit Webanalyse auseinandersetzt, braucht Ziele. Diese können mal sehr konkret und mal weniger konkret sein, idealerweise ist das Ziel bemaßt, aber es sollte eines oder mehrere geben.

In der Regel ist es sinnvoll, die vermutlich vorhandenen Geschäftsziele auch in Analytics-Ziele zu verwandeln. Soll der Traffic im kommenden Jahr erhöht werden? Oder die Absprungrate verbessert? Erst wenn man sich darüber Gedanken gemacht hat, wird auch klar, was die Webanalyse leisten kann.

Es gibt nicht “DIE” KPIs

Bei der Anmeldung zu unseren Webinaren, haben die Teilnehmer die Möglichkeit, vorweg Fragen zu posten, die sie beschäftigen. Eine Frage, die im Kontext Google Analytics

Spoiler

Hier geht’s zu unserem nächsten Google-Analytics-Webinar am 26. August mit mir

immer wieder gestellt wird: Welche sind DIE KPIs, die ich sehen muss. Tja, was soll ich sagen? Die Antwort ist ernüchternd. Denn es gibt keine KPIs, die IMMER passen, sondern die, die zu der aktuellen Fragestellung und der Person, die sie sehen muss, am besten passen.

Ist das gut oder schlecht in puncto "Neukundenakquise"? Kommt darauf an ...

Sind das gute oder schlechte Werte in puncto “Neukundenakquise”? Kommt darauf an ob sie das Ziel unterstützen …

Ein Beispiel: Wie oben schon erwähnt, ist eine Analyse ohne vorherige Zielsetzung häufig wertlos. Wer sich jetzt beispielsweise das Ziel “Steigerung der Neukundengewinnung um 5 % im nächsten  Jahr” auf die Fahne geschrieben hat, weiß auch ganz plötzlich, welche KPIs für ihn wichtig sind. Häufig sind neben diesem Makroziel “Neuer Kunde registriert sich” kleinere Mikroziele während der Reise auf der Website zu erreichen (“Besucher hat Interesse an unseren Produktseiten und schaut sie sich länger als 30 Sekunden lang an”, “Besucher besucht die ‘Über uns’-Seite und im Anschluss die ‘Kontakt’-Seite”) – und auch für diese muss es Schlüsselwerte geben, um ihren Erfolg zu messen.

So sind etwa für das genannte Ziel Schlüsselwerte wie “% Anteil neue Besucher” oder die Zielseite wichtig (ist es eine extra eingerichtete Landingpage?). Je nachdem, welche Kanäle zur Generierung neuer Kunden bedient werden (gibt es eine AdWords-Kampagne speziell für diesen Zweck?), ist natürlich auch eine Betrachtung der Conversion Rate des jeweiligen Kanals wichtig – oder sogar, ob der Kanal “Abschluss-Charakter” hat (Besucher registrieren sich sofort) oder eher vorbereitenden Charakter (Besucher besuchen die Seite ein zweites, drittes oder x-tes Mal, bevor sie sich registrieren). Hier helfen dann zum Beispiel diverse Multi-Channel-Trichter-Reports in Google Analytics weiter und die dort vorhandenen Maßzahlen.

Man lernt nie aus – auch der Referent nicht

Ich bin nicht mehr jung genug, um alles zu wissen. (Oscar Wilde)

Tja, auch mir kann man manchmal in Google Analytics ein schönes Fragezeichen auf die Stirn zaubern. Denn wer glaubt, dass er das alles beherrscht, was das Tool bietet, hat ähnliches vor wie mit Micrsofts Excel.

In einem der letzten Workshops wurde ich gefragt, was es denn mit dem Eintrag “(entrance)” in den Site-Search-Berichten auf sich hätte. Tatsächlich musste ich erstmal passen. Aber (nächstes Zitat):

Zwar weiß ich viel, doch möcht’ ich alles wissen. (Goethe)

entrance-Rätsel

Das (entrance)-Rätsel, das ich noch nicht gelöst hatte

Wer im Report “Verhalten > Site Search > Seiten” landet, dem zeigen sich die Seiten, auf denen eine Site Search ausgeführt wurde. Wenn dort “(entrance)” zu finden ist, bedeutet das an dieser Stelle, dass die Suchergebnisseite die erste war. die der User gesehen hat. Das kann etwa dann passieren, wenn durch eine Marketingmaßnahme oder AdWords direkt eine Suchseite verlinkt wurde. Natürlich kann es auch andere Ursachen geben, etwa wenn der Googlebot solche Suchseiten indexiert und in den Google-Suchergebnissen entsprechend ausspielt.

Wieder etwas gelernt. Aber so geht es immer weiter.

Ich bin dankbar für solche Probleme, denn sie animieren mich, das Wissen wieder zu erweitern. Mich wurmt, wenn ich eine Antwort nicht kenne.

Themenvielfalt ist (zu) groß

Wann immer ein Workshop über das Basiswissen hinausgeht, müssen die Inhalte abgestimmt werden. So ist das immer wieder zu erfahren, nachdem der erste Workshop mit den Analytics Basics vorbei ist. Spätestens dann fangen die Teilnehmer an, auf der eigenen Website nach Ungereimheiten zu forschen oder sie auf Basis der Webanalyse zu verstehen. Und dann wollen sie Details: Ist 30 % Absprungrate in der Rubrik jetzt gut oder schlecht? Wie kann ich herausfinden, warum Produkt X nicht geklickt wird? Warum ist die Conversion Rate mancher Kanäle so schwach?

Oftmals führen diese vielen Fragen zu einem Folge-Workshop, bei dem man dann wesentlich konkreter wird und oftmals (Hands-on) die Website auseinandernimmt genauer unter die Lupe nimmt. Um dabei nicht ganz unvorbereitet zu sein, ist es so gut wie immer erforderlich, die Themen abzustimmen. Tatsächlich ist es dann aber gleichsam so, dass es schwer ist, zeitliche Rahmen zu finden. So kann es schonmal vorkommen, dass man sich während der Analyse in neuen Fragestellungen wieder findet, die natürlich ebenfalls nicht hinten über fallen sollen.

Also: Die Themenplanung sollte nicht zu voll sein, um Raum für Diskussionen und Nachforschungen zu eröffnen.

Es bleiben (manchmal) Fragezeichen stehen

Nicht immer lassen sich alle Fragen im Workshop klären. Oftmals reicht die Zeit einfach nicht aus, um bestimmte Fragestellungen innerhalb eines Tages zu lösen. Oder es müssen erst Voraussetzungen geschaffen werden, um sie erfüllend beantworten zu können. Drei Beispiele (von vielen):

  1. Content Grouping
    Wer die Inhalte der Website in bestimmte Gruppen unterteilt wissen möchte, um ihre Werte untereinander zu vergleichen, ist oftmals mit Content Grouping gut beraten. Haken an der Sache: Wer in der Datenansichtsverwaltung eine Content-Gruppierung vorgibt, wird erst einmal warten müssen, bis diese sich nach und nach füllt. Denn hierbei können (leider) nicht rückwirkend die Daten eingesehen werden. Erst zukünftige Daten werden entsprechend eingruppiert. Keine Chance also, wenn man sich erst am Tag des Workshops überlegt, dass das eine gute Idee sein könnte.
  2. Channelgruppierungen Möglichkeiten

    Nicht zu verwechseln: Die eine Einstellung ist “destruktiv” veranlagt und verändert die Daten dauerhaft (oben), die andere verändert die ankommenden Daten nicht, sondern zeigt sie nur anders.

    Channelgruppierungen
    Ähnlich ist es mit den Channelgruppierungen. Hier gibt es zwar grundsätzlich zwei Möglichkeiten, sein eigenes Geschäftsmodell in Kanälen zu sortieren und abseits von Googles Standarddefinition (Paid, Organic, Direct/(none) und Social) anzeigen zu lassen, doch wer auch außerhalb der “Akquisitions”- oder “Multichannel”-Reports diese eigenen Kanalgruppierungen sehen möchte – etwa als sekundäre Dimension – muss auf die “harte” Variante zurückgreifen (im Bild oben). Doch wie auch beim Content Grouping laufen erst nach der Definition der Kanäle dort entsprechend die Daten ein.

  3. Ziele
    Wer noch keine Ziele in der Datenansicht eingerichtet hat, kann auch nicht messen, wie erfolgreich eine Website im Hinblick darauf ist. Doch wenn Ziele erstmal eingerichtet wurde, dauert es auch hier, bis diese nach und nach bewertbar werden, da sie nicht rückwirkend ausgelegt werden können.

Das sind nur einige Möglichkeiten, weshalb eine Analyse oftmals noch nicht konkret beginnen kann, obwohl sie beim Workshop thematisiert wird.

Viele Fragen entstehen erst, wenn man die Möglichkeiten kennt

Das MONSTER “Google Analytics”. Wie schon erwähnt: Ich vermute es gibt nicht viele Menschen auf diesem Planeten, die es vollumfänglich kennen. Doch mit jeder neu entdeckten Möglichkeit ergeben sich für den Analysten oder Marketer neue Fragestellungen für die eigene Website. Auch das ist etwas, dass ich immer wieder beobachte: Die wirklich wichtigen und auch richtigen Fragen kommen erst nach dem Workshop. Und dann muss man die eben im Nachgang lösen.

Wer die Möglichkeiten nicht erkennt, verliert die Lust auf Webanalyse

Das Gegenteil der vorherigen Überschrift.

Wer nicht über den Tellerrand hinausblicken kann oder sich am Ende von Workshops fragt, was Google Analytics denn jetzt für die eigene Website bringt, weil dort ja nur Absprungraten und keine echten Menschen gezeigt werden, wird nicht mit der Webanalyse beginnen. Glücklicherweise ist das nicht die Regel – denn sonst wären die Workshops ja ehrlich gesagt “für die Katz”. Deswegen finde ich es an diesen Lern-Tagen wichtig, in die Praxis zu gehen und die Leute mit konkreten Aufgabenstellungen zu fordern. Nur so können sie die Scheu vor der Webanalyse verlieren.

Wer nicht weiß, wo er anfangen muss, fängt auch nicht an

Ganz wichtig finde ich daher immer: Über Ziele sprechen. Und davon bitte nicht zu viele. Alles schön der Reihe nach angehen, ansonsten weiß am Ende keine mehr, welche Maßnahme zu welchem Ziel etwas gebracht hat.

Und was dann nötig ist, erklärt sich quasi von alleine: Statusanalyse im Hinblick auf das ausgerufene Ziel. Also: Wie steht die Website aktuell da? Welche Potenziale gibt es, wie können sie ggf. gehoben werden? Gibt es möglicherweise mehrere Hypothesen, wie das passieren kann? Welche Prioritäten gibt es? Wie wird getestet? Und so weiter …

Und dann ist man schon ein ganzes Stück weiter.

 

Meine Lernkurve, deine Lernkurve

Also, nicht nur die Teilnehmer lernen einiges, sondern auch der Referent lernt bei Google Analytics Workshops nicht aus. Das ist auch gut so. Zeigt aber auch, dass man an dem Thema Webanalyse dranbleiben muss. Viele Fragestellungen ergeben sich meist erst nach dem ersten Wissen über das Tool – und wer es dann schafft, sie mit einem Ziel zu verknüpfen, wird erfolgreich Analysen betreiben können.

 

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Maik Bruns

Maik Bruns war bis 2017 Berater für SEO und Webanalyse in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als Online-Marketing-Enthusiast schrieb er zu diesen Themen im Bloofusion-Blog (damals: Die Internetkapitäne), im SEO-, SEA- und E-Commerce-Magazin suchradar und natürlich bei Twitter und Google+.

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