Google gibt Einblicke in AdWords-Nutzerdaten

13. September 2013 | Von in SEA

Es ist nur eine kleine, unscheinbare und dröge Meldung in Googles Ads Developers Blog: Der Click Performance Report enthält nun ein Feld GclId. Wichtig ist die Meldung trotzdem, denn sie bedeutet, dass Google seinen Werbekunden erstmals einen Einblick in nutzerbezogene AdWords-Daten gewährt – auch, wenn die dadurch bereitgestellten Daten streng genommen nicht neu sind.

Getrennte Sichten

Bisher war es so, dass Website-Betreiber mit Webanalyse-Software zwar prinzipiell alles auswerten konnten, was Nutzer auf ihrer Website taten, allerdings wenig darüber wussten, was diese Nutzer vorher bei Google getan hatten. Einige Informationen konnte man zwar über Tracking-URLs weiterreichen (z. B. Keyword, Anzeigenposition und Endgerät), aber praktisch gab es immer zwei getrennt Sichten: Daten von der eigenen Website und Daten aus Google AdWords.

Mit der genannten unscheinbaren Änderung schlägt Google nun eine Brücke für datenhungrige Werbetreibende. Schon länger gibt es die (standardmäßig aktivierte) Funktion des Auto-Taggings, bei der AdWords bei jedem Klick an die Ziel-URL noch eine eindeutige ID anhängt. Der dabei übergebene Parameter gclid steht für Google Click ID und entspricht dem neuen Feld GclId im Click Performance Report. Es ist also nun möglich, die Daten aus dem Report nun mit den gesammelten Nutzerdaten auf der Website zu verknüpfen.

Ein Beispiel

Ein Nutzer sucht bei Google, klickt auf eine Anzeige und landet auf der Seite www.website.de/?gclid=123. Sagen wir mal, diese Website gehört uns. Wir können dem Nutzer also ein Cookie geben, das ihn im Folgenden als Nutzer ABC ausweist, so dass wir ihn wiedererkennen. Wir halten fest, dass der Nutzer ABC über die Google Click ID 123 kam. Irgendwann füllt der Nutzer ein Formular aus, vielleicht weil er etwas einkauft, und wir wissen, dass Nutzer ABC mit richtigem Namen Max Müller heißt. Wir wissen außerdem, dass Max Müller über die Google Click ID 123 kam.

Nun können wir noch einen Schritt weiter gehen. Wir holen uns einen Click Performance Report und suchen nach der GclId 123. Hier finden wir nun weitere Daten – Daten zu Max Müller. Wir erfahren, über welches Keyword er kam, welche Anzeige und welches Anzeigenelement er geklickt hat, welches Endgerät er dazu benutzt hat und vor allem seinen Standort, bis maximal auf Städteebene.

Ist das wirklich neu?

Streng genommen können wir an all diese Informationen auch auf anderem Weg gelangen. Abgesehen vom Standort kann man sich diese Daten schon länger per ValueTrack über die URL übergeben lassen. Außerdem gibt es andere (kostenpflichtige aber bezahlbare) Dienste, die den Standort des Nutzers ermitteln können. So gesehen sind die neuen Daten eigentlich nicht wirklich neu.

Dennoch hat Google hier in meinen Augen einen Präzedenzfall geschaffen, da nun erstmals nutzerbezogene Daten von Werbetreibenden abgerufen werden können. Außerdem steht nun eine Architektur bereit, die sich gut ausbauen lässt und die vor allem im Zusammenspiel mit erweiterten Kampagnen interessant werden könnte.

Bessere Standortdaten?

Wie gesagt, Standortdaten kann man schon lange auch auf anderem Weg bekommen. Dabei stellt sich allerdings bei allen Diensten immer die Frage nach der Datenqualität.

Wie unterschiedlich die Ergebnisse der Dienste ausfallen können, sieht man beispielsweise auf IPlocation.net, wo die eigene IP-Adresse mit den Datenbanken verschiedener Dienste abgeglichen wird. Aktuell verorten mich diese Dienste meist irgendwo im Münsterland, 30-60 Kilometer vom eigentlichen Standort, einer sogar im über 200 Kilometer entfernten Nürnberg. Google glaubt mich (laut Click Performance Report) 35 Kilometer entfernt.

Mobil können mich die Dienste auf IP-Basis nicht orten und geben meine Position wahlweise als München, Berlin oder einfach Deutschland an. Auch Google verortet mich dem Report zufolge nur in Deutschland.

Auf Basis dieses kleinen Experiments kann man also nicht sagen, dass die Daten von Google großartig besser oder verlässlicher wären als die von anderen Anbietern. Trotzdem gilt auch hier: Die Infrastruktur zur Datenweitergabe steht jetzt. Es ist durchaus denkbar, dass Google in Zukunft genauere Standortdaten liefert.

Nutzerdaten für Selber-Tracker

Anfang Mai hat George Michie von RKG einen sehr interessanten Artikel über erweiterte Kampagnen veröffentlicht, in dem er die bestehenden Gebotsanpassungen (Standort, Gerät, Tageszeit und Wochentag) als rudimentär bezeichnet. Grundsätzlich weiß Google sehr viel über seine Nutzer, von demographischen Angaben über technische Daten zum Endgerät bis hin zu Interessen und Bewegungsprofilen. Neue Steuerungsmöglichkeiten auf Basis dieser Daten und der daraus resultierenden Kontexte seien durchaus denkbar. Um damit umgehen zu können fordert er die Übermittlung der Google Click ID.

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass längst nicht jeder AdWords-Werbetreibende seine Umsätze gegenüber Google offenlegt. Was für kleine und mittlere Unternehmen oft unproblematisch und selbstverständlich ist scheut manch großer Werbetreibende und vor allem manche Agentur, die proprietäre Software einsetzt. Werden an AdWords aber keine Conversion-Tracking-Daten übermittelt, dann lassen sich in AdWords auch keine Schlüsse bezüglich bestimmter Kontexte ziehen. Dann stünde in AdWords beispielsweise, dass es 50 Klicks von Nutzern aus der U-Bahn gab, aber es ließe sich nicht sehen, zu welchen Umsätzen diese 50 Klicks geführt haben. Ohne diese Information ist es dann nicht möglich, die Klicks zu bewerten und entsprechende Gebotsanpassungen einzustellen.

Google sitzt dabei in der Zwickmühle, denn derartig feine Aussteuerungsmöglichkeiten sind in erster Linie für Werbetreibende mit hohem Datenvolumen und ausgefeilter Software sinnvoll – also genau der Gruppe, die eher keine Conversion-Daten übermittelt. Gleichzeitig sind das auch die für Google interessanteste Werbekunden, nämlich die mit den größten Budgets.

Werbetreibenden einen Einblick in nutzerbezogene Kontexte zu geben ist eine Möglichkeit, dieses Dilemma zu lösen.

Alternative zu Tracking-URLs

Eine Chance ergibt sich nun auch für diejenigen, die Ziel-URLs bisher aufwändig mit Tracking-Parametern versehen haben. Manche Werbetreibende hängen an ihre URLs noch eigene Parameter für Kampagnenname, Anzeigengruppe, Keyword und einiges mehr an, um sie auf der Website von Analyse-Software wieder auslesen zu lassen.

Das ist nun nicht mehr notwendig. Stattdessen reicht es, in den Kontoeinstellungen das Auto-Tagging zu aktivieren, was standardmäßig ohnehin der Fall ist:

Auto-Tagging

Anschließend muss die Webanalyse-Software nur noch den Parameter gclid auslesen und kann sich den Rest über den Click Performance Report laden.

Davon sollten vor allem die Anbieter von Webanalyse-Software und Tracking-Systemen selbst Gebrauch machen. Bisher läuft es bei Webanalyse-Software wie Econda oder Etracker so, dass sich die Systeme täglich mit AdWords verbinden und automatisch die Ziel-URLs mit Tracking-Parametern versehen. Auch manches Bid-Management-System schreibt Ziel-URLs um, damit das eigene Tracking mit Parametern gefüttert wird.

Derartige URL-Umschreibungen sind aus mehreren Gründen sub-optimal:

  • Wenn die Zielseiten von Anzeigen geändert werden, führt dies zur Löschung und Erstellung einer neuen Anzeige
  • Die Umschreibung der URLs erfolgt nicht in Echtzeit, sondern meistens einmal pro Tag bzw. Nacht. Bis zur Umschreibung werden Klicks also nicht richtig erfasst.
  • Ziel-URLs gibt es an vielen Stellen, beispielsweise auch in Sitelinks. Nicht jedes System schreibt alle davon um.
  • Bei Neuerungen, etwa als Sitelinks neu waren, dauert es in der Regel bis es eine Schnittstelle für die automatische Umschreibung gibt. Und Anbieter von Webanalyse-Software haben auch nicht zwangsläufig alle AdWords-Neuerungen auf dem Schirm.
  • Beim Einsatz mehrerer Systeme, die URLs umschreiben (Beispiel: Webanalyse und Bid-Management), kann es unter Umständen zu einem endlosen Umschreibe-Kampf kommen.

Über die automatische Tag-Kennzeichnung und die Google Click ID lässt sich das Umschreiben nun vermeiden. Die Implementierung ist deutlich einfacher und auf Dauer auch wesentlich entspannter, da bei neuen AdWords-Features keine Änderungen mehr notwendig sind. Anbieter, die derzeit AdWords-URLs umschreiben, wären also gut beraten, sich diese Alternative anzusehen.

Nebenbei: Wer den Parameter gclid bisher schon ausgelesen hat kann die Daten sogar rückwirkend verknüpfen. Bei einem Test konnten wir mit dem Click Performance Report Google Click IDs für jeden Tag ab dem 12. Oktober 2009 abrufen.

Und: Die Daten kommen zwar nicht in Echtzeit, sind aber nahe dran: In unseren Tests konnten wir eigene Anzeigenklicks schon nach 15-25 Minuten im Bericht wiederfinden. Damit erfolgte die Bereitstellung der Daten schneller als über die AdWords-Oberfläche.

Fazit

Dass Google nutzerbezogene Daten herausgibt ist, soweit ich es überblicke, ein Novum. Dabei hat Google bisher nur kleine, unauffällige Schritte gemacht: Das Auto-Tagging mit der Google Click ID gibt es schon lange und der erwähnte Report ist auch schon seit über einem Jahr verfügbar. Bisher hatte beides keinen großen Nutzen. Der kleine Schritt mit dem neuen Feld im Bericht spannt aber nun den Bogen und eröffnet damit neue Möglichkeiten.

Dabei muss man sagen, dass es an sich wirklich ein kleiner Schritt ist: Eine kryptische Angabe in einem Bericht, der nur Technikern bekannt ist. Für Werbetreibende sind dabei nur die Standortdaten neu und die konnte man sich schon lange auf anderem Weg besorgen.

Wirklich neu ist nur die nun entstandene Infrastruktur, die sich in Zukunft gut erweitern ließe, was dann möglicherweise mit dem deutschen Datenschutz kollidiert. Dass Google überhaupt ein Interesse daran hat, Nutzerdaten an Werbekunden weiterzugeben ist allerdings keineswegs ausgemacht. So oder so erwarte ich, dass auch der nächste Schritt klein und unauffällig sein wird.

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Martin Röttgerding

Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.

Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.

Ein Kommentar zu “Google gibt Einblicke in AdWords-Nutzerdaten”

  1. Avatar-Foto Thomas

    Hi Martin,

    sehr interessanter Artikel!
    Es ist zwar wirklich nicht viel Neues möglich, aber wenn ich das richtig verstehe, wird vieles einfacher.

    Ob man wirklich das Tracking umstellen kann, hängt allerdings auch davon ab, wieviele Kanäle im Mix sind. Nur Google ginge dann ja wirklich einfach, aber sobald andere dazukommen, wird es wieder umständlich.

    Viele Grüße,
    Thomas

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