SMX Advanced Seattle 2010: Amazing PPC Tactics

17. Juni 2010 | Von in SEA

Das letzte Panel der SMX Advanced war thematisch recht offen gehalten und wurde von Moderater Matt Van Wagner als “das Beste zum Schluss” angekündigt.

Den Anfang machte Aaron Putnam mit dem Thema How To Identify and Target Google’s Search Partners – es ging also um Googles Such-Werbenetzwerk. Er begann mit einem Zitat aus der AdWords-Hilfe: “Your ads may appear alongside or above search results, as part of a results page as a user navigates through a site’s directory, or on other relevant search pages.” Als oft genannte Beispiele nannte er z.B. die AOL-Suche, allerdings ist die Liste in der Realität sehr viel länger und umfasst hunderte weiterer Websites. Das Problem mit dem Such-Netzwerk sah er in mangelnder Transparenz und Kontrolle: Man kann einzelne Websites weder identifizieren, noch kann man sie gezielt bewerben oder ausschließen. Entweder, man schaltet überall die gleichen Anzeigen, oder eben nicht – alles oder nichts.

Eine Lösung gibt es aber dennoch. Voraussetzung dafür ist eine gute Datenbasis, sprich: Kampagnen, die schon länger im Such-Werbenetzwerk aktiv sind. Für diese lässt man sich Suchanfragenberichte generieren und sucht darin nach langen Suchanfragen, die absolut unnatürlich aussehen. Deutsches Beispiel: “möbel & wohnen glas & kristall” (für den Anfang einfach mal nach dem Kaufmanns-Und Ausschau halten). Diese Suchanfragen entsprechen meist der Rubrizierung einer Website im Such-Netzwerk. Sucht man damit bei Google, so findet man die passenden Seiten meistens recht schnell. Die Suchanfragen entsprechen oftmals der Breadcrumb-Navigation der gefundenen Seite.

Mit diesem Wissen können nun einzelne Websites des Such-Netzwerks gezielt gebucht werden: Man bucht einfach die zuvor gefundenen Keywords ein, wobei Keywords zu verschiedenen Websites in verschiedene AdGroups einsortiert werden. Danach kann man die AdGroups so behandeln, wie man es bei einer Ausrichtung auf Placements auch tun würde. Abschließend kam allerdings noch die Warnung: “Results may vary. Proceed with caution.”

Als nächstes kam von Lulu Gephart vom Outdoor-Ausrüster REI, die damit ihren dritten Vortrag auf der SMX ablieferte. Titel des Vortrags war “Stalking your Customers in the Wild” und es ging im Grunde darum, dass man mal aus dem Büro und vom Rechner weg geht, um Einblicke in Kundenbedürfnisse und Trends zu bekommen. Ihre Vorschläge waren also, mit Kunden zu sprechen, in die eigenen Geschäfte zu gehen, bei der Hotline mitzuhören und sich mit Kollegen zu unterhalten. Interessante Anekdote: Eine Kundin wollte nicht auf eine Anzeige klicken, weil die Anzeige-URL auf die Homepage zu führen schien.

Der Vortrag von Dan Soha trug den Titel “Dealing with Google” und begann mit dem Thema Double-Serving, also dem mehrfachen Schalten von Anzeigen eines Werbetreibenden. Das ist zwar offiziell nicht oder nur in Ausnahmefällen erlaubt, wird laut Dan von großen Advertisern regelmäßig betrieben und von Google auch erlaubt. Dazu werden verschiedene Websites verwendet, deren Content zu “80%” identisch sein darf. Dan war nun der Meinung, man solle auch viele URLs (Domains) kaufen und bewerben. Niemand wolle das, aber man müsse es eben so machen, denn die anderen würden es auf jeden Fall tun.

Wenn man schon mehrere Domains einsetzt, dann kann man natürlich auch gleich solche nehmen, die auf die eingebuchten Keywords passen. Dadurch, dass diese dann fett markiert werden, steigt die Klickrate deutlich an – auf den unteren Positionen kann sie schon mal vierfach so hoch sein wie üblich. Man bekommt also die Klickrate einer hohen Position zum Preis einer niedrigeren Position.

Nun sind Keyword-Domains rar – macht aber nichts, denn man möchte ja nur, dass die URL fett markiert wird. Das ist bei Google der Fall, wenn ein Wort in der URL auf ein Wort in der Suchanfrage passt. Als Domain kommt also zum Beispiel auch wwwkeyword.de – ohne Punkt nach dem www – in Frage. Bei Yahoo ist die Sache noch einfacher, weil da alle URLs fett geschrieben werden. Hier kann man sich z.B. zunutze machen, dass ein kleines L und ein großes i oft nicht voneinander zu unterscheiden sind. Beispiel: oniinedegrees kaufen und dann das erste i groß schreiben.

Thema Nummer 2 des Vortrags: Wie startet man einen neuen Account bei Google? Dan zufolge muss man den erst mal einfahren, indem man zu Beginn strikt den Regeln folgt und eine hohe Klickrate erreicht. Dazu soll man extrem hoch bieten und auch erst mal ordentlich Geld verbrennen. Sein Beispiel: Ein Sale bringt zehn Dollar, er bietet pro Klick schon zwölf. Wenn man zu Beginn nicht viel Geld verliere, dann biete man nicht hoch genug. Gleichzeitig soll man aber nur auf solche Keywords abzielen, für die man auch tatsächlich eine hohe Klickrate erzielen kann – am besten solche, die nahe am eigenen Domainnamen sind. Um die Verluste einzuschränken, kann man sich auch auf die am besten konvertierenden Keywords beschränken, z.B. “buy xyz”. Außerdem soll man die Kampagne geographisch einschränken.

Weiter ging es mit ein paar Grundlagen zum Bid Management mit Excel. Interessant war sein Vorschlag, hier auch auf den Werbezeitplaner zurückzugreifen. Darin lassen sich ja eigentlich für bestimmte Tage oder Tageszeiten höhere oder niedrigere Gebote einstellen. Sein Vorschlag war nun, das Feature global zu nutzen, um alle Gebote zu erhöhen oder zu senken, indem man einfach zu allen Zeiten das Gebot z.B. auf 125 % setzt – Dayparting ohne Dayparting, sozusagen.

Letzter Vorschlag: Einen Suchanfragenbericht herunterladen, alle Keywords identifizieren, die nicht im Account sind, diese mit Geboten versehen und per AdWords-Editor wieder hochladen. Resultat: Ein deutlich breiter aufgestellter Account mit verfeinerten Geboten, der per Definition besser optimiert ist.

Der letzte Vortrag im Paid Search Panel kam von Michael Behrens und drehte sich um den Bid Simulator, Excel und Keyword-Portfolios. Insbesondere ging es um zwei Fragen: Was bekommt man für X Dollar zusätzliches Budget und woher weiß man, dass man das meiste aus dem Geld herausholt?

Michaels Ansatz bestand darin, den Bid Simulator für alle Keywords im Portfolio aufzurufen und die Inhalte der Fenster ins Notepad zu kopieren. Wenn für alle wichtigen Keywords die Daten kopiert sind, dann wird das Ganze weiter nach Excel kopiert und aufgeräumt. In Excel macht man dann für jedes Keyword ein Chart und fügt eine Trendlinie (Potenzregression) hinzu. Der Sinn dahinter: Bei der Trendlinie kann man sich die zugehörige Formel im Diagramm anzeigen lassen. Die Formel gibt den Zusammenhang zwischen Klicks und Kosten in der Form “Kosten = a mal Klicks hoch b” wieder. Die Regressionskoeffizienten a und b werden also notiert – das alles für jedes Keyword.

Für jedes Keyword stellt man dann die Regressionskoeffizienten, die Maximalzahl der Klicks laut Bid Simulator, die Conversion-Rate, die Zahl der Klicks sowie die Kosten (ergeben sich aus den Klicks und den ermittelten Koeffizienten) und die Conversions (ergeben sich aus Klicks und Conversion-Rate). Dann lässt man den Excel Solver auf die Sache los. Der Solver ist ein kleines Excel-Addon, das Optimierungsprobleme lösen kann. Im Prinzip sagt man dem Solver, was er variieren darf (die Zahl der Klicks) und welche Nebenbedinungen er einhalten muss (Budget darf nicht überschritten werden, keine Klickzahl darf die Maximalzahl der Klicks überschreiten). Optimierungsziel: So viele Conversions wie möglich.

Heraus kommt für jedes Keyword die vermeintlich optimale Klickzahl, die man dann noch in Gebote zurückübersetzen muss. Es lässt sich außerdem eine Prognose abgeben, wie viele Conversions für ein bestimmtes Budget möglich sind.

Die Ergebnisse des Verfahrens werden natürlich besser, je mehr Keywords dabei miteinbezogen werden. Bei Excel ist allerdings, so Michael, bei ca. 100 Keywords Schluss. Auch lässt sich das Verfahren verbessern, etwa durch Verwendung der Google API, um automatisiert Daten für den Bid Simulator abzufragen.

Die Vortragsfolien mitsamt Anhang, der Details zum Verfahren mit Copy-Paste, Trendlinie und Solver enthält, gibt’s im Blog von Webmetro.

Damit waren die Vorträge durch und es folgte die letzte Fragerunde der SMX. Q&A-Moderator Dennis Yu ging mit dem Mikro im Auditorium rum, während die Zuhörer größtenteils schon am Einpacken waren. Dann war die Fragerunde wohl durch und alle warteten nur noch darauf, nach Hause aufbrechen zu dürfen, als Dennis sagte, er habe auch noch einen Tipp für die Amazing PPC Tactics.

Er erzählte dann etwas von schlecht laufenden Accounts mit miesen Quality Scores, und dass er einen Trick gefunden hätte, wie man die wieder hochziehen könne. Der Trick bestand darin, die Brand-Anzeige eines eCommerce-Riesen zu kopieren und für dessen Namen zu schalten. Die Klicks dafür seien extrem billig und die Klickrate sehr hoch. Der Effekt würde die Qualitätsfaktoren des ganzen Kontos zeitlich versetzt nach oben ziehen. Und die ganze Sache seie ja nicht illegal und man würde überhaupt auch nichts falsches tun. Man solle es als kleine Steuer für einen besseren Quality Score ansehen. Ob das nicht der “best PPC trick ever” sei, fragte er.

Ich muss sagen, das klingt erst mal total verlockend, aber auch riskant, vor allem auf dem deutschen Markt mit deutscher Rechtslage. Allerdings habe ich auch noch etwas Recherche zu besagtem Q&A-Moderator betrieben. Das Ergebnis lässt mich daran zweifeln, dass der Trick tatsächlich funktioniert. Insbesondere der Effekt, dass eine gute Performance eines Keywords ein ganzes Konto nennenswert “hochziehen” kann, erscheint mir nicht schlüssig. Mein Rat: Finger weg!

Fazit: Das letzte Panel war insgesamt sehr interessant. Allerdings bleibt es für die meisten Dinge dabei – interessant, aber für die Praxis wenig relevant. Überhaupt gab es in diesem Panel viele Tipps und Tricks, die auch einiges an Kosten und Risiko mit sich brachten, also nicht ohne Weiteres zur Nachahmung zu empfehlen sind.

The following two tabs change content below.
Avatar-Foto

Martin Röttgerding

Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.

Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.

Kommentieren